Gut 2000 Menschen sind dem Aufruf aller fünf Stadtratsfraktionen gefolgt. 30 Vereine haben die Initiative unterstützt. Vielen Dank an alle Kolleginnen und Kollegen von SPD, FWG, Grüne und FDP für die gemeinsame Organisation. Vielen Dank auch an unsere Bürgermeisterin Natalie Bauernschmitt für ihre Worte.
Es ist erschreckend, dass es das heute braucht. Und doch war es eindeutig: wenn die Demokratie in Gefahr gerät, muss und kann sie aus der Mitte der Gesellschaft heraus verteidigt werden. Alle demokratischen Kräfte stehen zusammen.
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Hier können Sie meinen Redebeitrag nachlesen:
Meine Damen und Herren,
nie hätte ich gedacht, dass ich einmal für unsere Demokratie demonstrieren werde. Aber es ist bitter notwendig – und deshalb sind wir hier.
Vor einigen Tagen, am 27.1. war Holocaust-Gedenktag, der 18. März ist nicht mehr fern. Diese Tage erinnern uns an die dunkelsten Momente unseres Landes und unserer Stadt.
„Wie konnte so etwas geschehen?“ Diese Frage bleibt.
Und alles hätte anders verlaufen können, wäre dem menschenverachtenden Gedankengut früher und entschlossener entgegengetreten worden. Aber aus Worten wurden Taten und das Menschheitsverbrechen ist geschehen.
Daraus ist ein fester Wille entstanden: „Nie wieder!“
„Nie wieder“ sollte so etwas von Deutschen oder von deutschem Boden aus geschehen. In diesem Geiste entstand das Grundgesetz und unsere demokratische Grundordnung. Deshalb steht in Artikel eins: Die Würde des Menschen ist unantastbar.“
Dieses „Nie wieder“ darf aber nicht zur hohlen Phrase werden. „Nie wieder“ ist nicht Geschichte, „Nie wieder“ ist eine immerwährende Aufgabe, der wir uns stellen müssen. Aber was heißt das für uns heute?
Wir müssen uns mit aller Entschiedenheit dem Gedankengut entgegenstellen, das an unseren demokratischen Grundpfeilern rüttelt. Wer demokratische Institutionen verächtlich macht oder die freien Medien im Allgemeinen bekämpft, wer von Umvolkung faselt, der will am Ende die Ordnung ablösen, die aus den Trümmern des zweiten Weltkrieges aufgebaut wurde, und die uns Friede, Freiheit und Wohlstand gebracht hat.
Wir müssen uns entgegenstellen, wo Unsagbares Sagbar werden soll.
Wir müssen uns entgegenstellen, wo Menschenverachtung, Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit Raum greifen. Wer über Remigration philosophiert, der meint am Ende Deportation. Das müssen wir in aller Deutlichkeit aussprechen und dagegen aufstehen und laut werden.
Der Auschwitz-Überlebende Primoz Levy hat es so treffend wie bedrückend formuliert: „Es ist geschehen und folglich kann es wieder geschehen.“
Stellen wir uns gemeinsam diesen Entwicklungen entgegen. Stehen wir gemeinsam auf und treten wir gemeinsam für unsere pluralistische Demokratie ein.
Egal wo die Bedrohung herkommt: Von Rechtsaußen oder von Linksaußen. Dem Extremismus woher auch immer er kommt müssen wir uns mit aller Entschlossenheit entgegenstellen. Antidemokraten dürfen in keine staatlichen Positionen kommen – sie werden sie nutzen, um die Demokratie von innen zu zerstören. Antidemokraten wählt man nicht. Nicht aus Verärgerung, nicht aus Protest – gar nicht.
Es liegt an uns. Es liegt an jedem einzelnen von uns.
Nehmen wir das „Nie wieder!“ ernst, müssen die demokratischen Kräfte, muss die Mitte der Gesellschaft zusammenstehen und um Lösungen für die Probleme der Menschen ringen. Das ist eine der Lehren, die wir aus dem Scheitern der Weimarer Republik ziehen müssen.
Die vielen Demonstrationen der letzten Wochen – getragen von der breiten Mehrheit und aus der Mitte der Gesellschaft, sind ein ermutigendes und wichtiges Zeichen. Wir sind die Mehrheit. Nicht die, die es von sich behaupten. In ihren Filterblasen sind sie es vielleicht, aber nicht im wahren Leben. Wir sind die Mehrheit.
Stehen wir gemeinsam ein für Demokratie und Menschlichkeit. Heute hier – aber eben auch bei den unzähligen Diskussionen in der Familie, im Bekanntenkreis oder an den Stammtischen.
Bewegt hat mich in den vergangenen Wochen ganz besonders die Rede von Marcel Reif im Deutschen Bundestag. Er hat in einem Satz seines Vaters alles zusammengefasst, was zählt. „Sei ein Mensch!“
So einfach – und doch so viel mehr.
Nehmen wir diesen Satz ernst. Kämpfen wir gegen alle, die unsere offene, pluralistische, demokratische und weltoffene Lebensweise ablehnen. Gemeinsam sind wir mehr. Seien wir Menschen.